4.4.2012: Bluegrassspurensuche in Prag
Für die meisten von uns ist es überraschend festzustellen, dass in Tschechein eine Bluegrass- und Countryszene lebendig ist, die ihres gleichen sucht. Diese entstammt einer Protestbewegung aus den Zeiten des Kommunismus, wo das „Amerikanische“ verboten war. Bluegrass entwickelte sich im Untergrund auf Camps und durch “fahrende Musiker”, so ist eine Szene entstanden, die sich nach der „Velvet Revolution“ richtig entfaltet hat, und in Europa ihresgleichen sucht. Für den Banjospieler tun sich wahre Sensationen auf. Hätten Sie zB gewusst, dass viele Banjoteile bester amerikanischer Marken aus Tschechien kommen?
Prucha Banjos (www.pruchabanjos.cz Superwebsite zum Sehen und Hören!!) kannte ich schon von meinem vorjährigen Pragbesuch. Da mein Gibson RB 3, BJ 2010, eine neues Setup benötigte, besuchte ich Jarda, um es mal ordentlich einstellen zu lassen. Und was passiert: Er schraubt es auf uns sagt mir, dass viele der Teile an diesem Banjo von ihm stammen. Er war die letzten Jahre Lieferant für einen großen Teil der Hardware für GIBSON. Er hat mir auch sein Lager gezeigt, wo die vielen Teile mit „Gibson USA“ lagern. Mittlerweile hat Gibson die Banjoproduktion eingestellt und verkauft nur mehr die restliche Lagerware. Er liefert aber auch für Stelling Banjos und andere Marken.
Das Setup war in wenigen Minuten erledigt und nach einer Führung durch die Werkstatt, wo auch sein Sohn arbeitet, verlassen wir mit neuem Banjosound diese hervorragende Adresse.
Mittlerweile bin ich auch auf einen weiteren Banjomaker aus Prag gestoßen. Ohne ihn zu kennen hatte ich vor einiger Zeit einen Banjogurt von ihm gekauft. „CAPEK“, so der Name. Die Adresse, die ich auf der wunderbaren Homepage www.capekinstruments.com gefunden habe, befindet sich im Zentrum Prags. Also nichts wie hin. Aber auch hier war das nicht so einfach. Ein unscheinbares Haus, kein Hinweis auf ein Geschäft. Nur eine Klingel mit „Capkova“. Also anläuten und warten. Eine Frau meldet sich und lässt uns rein, leitet uns in den Keller und wir landen in einer sehr „beanspruchten“ Werksatt für Lederbearbeitung.
Die Frau ist Jaroslava Capek, die Mutter des Banjobauers. Sie fertigt die Straps an. Der Banjoworkshop ist mittlerweile außerhalb von Prag und sie ruft eine Dolmetscherin an, die uns für den nächsten Tag einen Besuch organisiert. Aber auch Jaroslava hat eine interessante Musikvergangenheit. In den Siebzigern war sie Mitglied einer Bluegrassfrauenband und stand mit ihrem Banjo sogar mit Johnny Cash auf der Bühne. Auch in ihrer Werkstatt hängen Bilder von Earl Scruggs und anderen Bluegrassgrößen.
Anderntags fahren wir also ca 25 km Richtung Strakonice, wo zu Pfingsten wieder das „Bluegrass Jamboree“ stattfindet. In einem kleinen Dorf finden wir dann doch den gesuchten Workshop und treffen Rost`a Capek mit seinem Mitarbeiter und einem Freund, der uns dolmetscht. Auch er baut seit 25 Jahren Banjos und Mandolinen; und auch Instrumente dazwischen, wie zB Mandolas. Er bietet uns Kaffee, wir plaudern über Instrumente, probieren ein paar aus und sind beeindruckt. Auch einige Bluegrass Stars aus den USA, wie Ricky Scaggs oder Byron Berline haben ihn schon besucht.
Er baut hervorragende Instrumente und stellt diese den Kundenwünschen entsprechend zusammen. Er schenkt uns noch zwei Caps und wir verabschieden uns sehr beeindruckt und herzlich von ihm und seiner Mannschaft.
Alles in allem sollte jeder, der sich ein Banjo oder eine Mandoline kaufen will, eine Reise nach Prag machen. Auch wenn der äußere Schein meist etwas trügt, wird dort jeder finden, was er sucht.
Mehr Fotos unter “Bilder/Banjoworkshops in Prag”
Andrew “Banjo” Hartl