ein Bericht im City Flyer St. Pölten
The Gallows Fellows: Harleys & Wilder Westen
Die gemeinsame musikalische Leidenschaft half, eine generationsübergreifende Band zu gründen, die nun sechs Mitglieder mit Instrumenten von Banjo über Geige bis hin zum Dudelsack umfasst. Den Gallows Fellows aus St. Pölten sind Authentizität und gute Stimmung bei ihren Shows sehr wichtig. Ihr Publikum können sie für die eher unbekannteren Genres Bluegrass, Irish Folk und Country begeistern.
Robert Mitterbauer ist Industriekaufmann und war zusammen mit Johann Wagner im Wilhelmsburger Porzellanwerk beschäftigt. Bei einer WIFI-Schulung Anfang der 2000er-Jahre, die Andreas Hartl leitete, stellten die drei fest, dass sie alle die Leidenschaft für die Musik teilten. Hartl hatte damals, im Alter von 38 Jahren, gerade seine Begeisterung für das Banjo entdeckt. Mitterbauer war bereits seit den 60er-Jahren für rund 20 Jahre Gitarrist und Bassist in seiner Band „Iris Blue“. Wagner war ausgebildeter Geiger, Chorleiter und Sänger. Man begann sich wöchentlich nach der Arbeit zu treffen und die ersten Nummern einzustudieren. „Wir haben unsere Kolleginnen und Kollegen dazu genötigt, uns zuzuhören“, erinnert sich Andreas Hartl. Eine Band war geboren.
Laut Hartl ist Bluegrass, sein Lieblingsgenre, „etwas, das der Normalsterbliche bei uns nicht hört.“ Für Johann Wagner war diese Musik noch Neuland, aber er konnte perfekt nach Noten spielen und sich so auch ziemlich schnell an den ungewohnten Stil anpassen. Als die Band noch einen Schlagzeuger suchte, wurde Hartl schnell in seiner Familie fündig: sein Sohn Florian ist ein Multitalent, was Instrumente angeht und schon seit Langem in der St. Pöltener Musikszene vertreten. Später wechselte er zur Mandoline und konnte einen seiner Hard-Rock-Band-Freunde, Musikschullehrer Harry Stöckl, als Gitarristen rekrutieren. Robert Mitterbauer stieg auf den Bass um und lernte das letzte Mitglied, Norbert Wallentin, durch einen Jodelkurs kennen. Dort traf er dessen Eltern, die erzählten, dass er Flöte und Dudelsack spielen konnte und letztere auch selbst baut. Diese stellten den Kontakt her und die Gallows Fellows erweiterten ihr Programm um irische Folk-Songs.
The Good, The Bad and The Ugly
Der Name „Gallows Fellows“ entstand nach einem einfachen Brainstorming. Im Englischen gibt es diese Übersetzung für „Galgenvögel“ so eigentlich nicht, da würde es „hangdogs“ heißen. „Das hätte auch vielleicht gar nicht so schlecht geklungen“, meint Robert Mitterbauer im Nachhinein. Sein Sohn Arnold ist Grafiker und erstellte damals das Logo für die Gallows Fellows. Deren Künstlernamen sind an den Film „The Good, The Bad and The Ugly“ angelehnt. Als mehr Musiker dazukamen, mussten sie noch drei weitere Namen erfinden: „The Hard“, „The Dirty“ und „The Irish“.
Hauptsächlich spielt die Band Cover-Titel, doch Andreas Hartl schreibt auch eigene Nummern: „Bei mir fängt das im Kopf an mit einem Text, mit einer Geschichte.“ Hartl ist leidenschaftlicher Harley-Fahrer. Während einer Spritztour kam ihm etwa die Idee für „Harley Riding“. Das musikalische Mastermind ist jedoch Florian Hartl; er komponiert und arrangiert das Programm. Das zweite Album der Band, „From Galway Bay to the Cumberland Gap“, das 2019 erschien, präsentiert einen Querschnitt ihres Programms. Auf der Suche nach Auftrittsmöglichkeiten kam die Band in ihren Anfängen, vor 14 Jahren, mit Bürgermeister Matthias Stadler in Kontakt, der in seinem barocken Amtszimmer auch ab und zu Konzerte veranstaltet. Der Gig im Rathaus am St. Patrick’s Day wurde zur jährlichen Tradition und Norbert Wallentin bringt mit seinen „Uilleann Pipes“, einer Art Pump-Dudelsack, echte irische Stimmung mit.
Ein weiteres besonderes Konzept ist die „Wild West Show“. Dabei gibt es ein festes musikalisches Programm, das in Erzählungen eines Schauspielers eingebettet wird. Die Inspiration dazu kam von den „ORF Wild-West-Geschichten“. Andreas Hartl hat schon seit 50 Jahren mit dem Wilden Westen zu tun, immerhin ist er schon als Kind auf einer Art Ranch Western geritten. Authentizität war ihm dabei schon immer wichtig, weswegen er sich damals bereits viel Wissen über den echten Wilden Westen aneignete. Diese Geschichten baute er dann in die „Wild West Show“ ein und stellte Verbindungen zwischen den drei Musikgenres her. Der Protagonist ist ein irischer Auswanderer, der von Amerika nach „Baxter Town“ zurückkehrt. Die Erzählung basiert u.a. auf Andreas Hartl, der selbst mit Übernahme des Elternhauses zurück in die Heimat kam. „Baxter Town“ ist eine Anspielung auf Echsenbach, den Ort der Ranch, den Andreas Hartl und sein Bruder Karl damals schon so nannten. „Eine Autobiografie ist das praktisch.“, fasst Robert Mitterbauer zusammen. Der Rest der Geschichte setzt sich aus den Liedtexten, Fabeln und echten historischen Begebenheiten zusammen: dem amerikanischen Bürgerkrieg, dem Goldrausch, den Viehtrieben, … „und ich musste unbedingt mein ‚Harley Riding‘ reinbringen, also wird er am Schluss bei Harley Davidson Testfahrer.“ Besagter irischer Auswanderer wurde also ziemlich alt. Die Show endet mit dem selbstgeschriebenen Lied über’s Nachhausekommen, „Baxter Town“.
Superstars im Hilton
Die Gallows Fellows sind auch international unterwegs, Portugal und Ungarn haben sie schon für Auftritte bereist. Die meisten Gigs entstehen über persönliche Kontakte. So auch mit dem jetzigen Vizepräsidenten von Hilton Europa, Andreas Hartls Cousin. Dieser flog sie auf eigene Kosten quasi zu zehnt (6 Bandmitglieder, 3 Ehefrauen und ein Banjo, das im Flugzeug seinen eigenen Platz bekam) nach Portugal in sein neu eröffnetes 5-Sterne-plus-Hotel ein. Für ihren Auftritt im Hotelrestaurant besorgte der Cousin von Andreas Hartl auf die Schnelle noch drei Harleys für die Kulisse. Die Gallows Fellows wurden dort wie Superstars behandelt. „Aber sowas gibt’s halt nur einmal im Leben.“
Ihr Ziel seien fünf bis zehn Konzerte pro Jahr. „Jeder wünscht sich, dass er vor einem großen Publikum spielt, aber es muss passen“, meint Andreas Hartl. Der Kontakt mit dem Publikum ist für die Band wichtig und funktioniert am besten in kleineren Locations. Dabei ist die Hälfte der Zuhörer normalerweise Stammpublikum. „Trotzdem ist immer der Anspruch, dass man gut spielt, dass man auch was dafür bekommt, „in erster Linie Applaus und Anerkennung, aber natürlich auch ein bisschen Kohle“, und Spaß machen muss es. Über ihren Auftritt beim „Bluegrass & Acoustic Festival“ in Ungarn erzählt Robert Mitterbauer: „Die sind alle schon eingeschlafen, aber dann sind wir gekommen und haben Mordswirbel gemacht!“
Vom Wasser überrollt, aber nicht unterzukriegen
Mitte September 2024 hat das Hochwasser leider den gesamten Proberaum der Gallows Fellows überflutet – und damit das gesamte Equipment, das sie kurz zuvor in den Raum gestellt hatten. Dabei wurde jegliche elektronische Ausrüstung wie Licht- und Tonanlagen sowie Songbücher mit selbst geschriebenen Noten, fast vollständig zerstört. Lediglich ein paar Mikrofone mit Ständer und Kabeln konnten gerettet werden. Die Band bleibt jedoch zuversichtlich. Das Equipment könne man ausleihen und der Proberaum sei auch schon wieder eingerichtet. Bald kann man hier wieder Ideen für neue Nummern austauschen. Die Gallows Fellows vereinen musikalische Talente aus verschiedenen Generationen. Sie orientieren sich an Mustern vieler Künstler, die sie auf ihrem musikalischen Weg inspirieren und zeigen, dass es nie zu spät ist, seine Leidenschaft zu entdecken und ihr auch zu folgen. „Jedenfalls macht die ganze G’schicht an Mordsspaß“, beendet Robert Mitterbauer das Gespräch.
Autorin: Christina Gerhardinger, Studentin der Journalistik (und Hilfskraft am Lehrstuhl Kunstgeschichte) an der Universität Passau; liebt kreative Tätigkeiten und alles, was mit Kunst zu tun hat; Pop- und Country-Fan und autodidaktische Gitarristin.